Inklusive Kulturveranstaltungen in München-Giesing

Warum veranstaltet (auch) die SWW Kulturabende?

Eine berechtigte Frage angesichts des vielfältigen kulturellen Angebots in der Landeshauptstadt. Denn ein kulturell interessierter Mensch hat – ausgenommen vielleicht in Pandemie-Zeiten – hier sicherlich keine Mühe, an jedem Abend etwas Passendes zu finden. Er darf dann aber weder kognitiv noch körperlich allzu eingeschränkt sein! Diese Nische versucht die SWW seit inzwischen über 20 Jahren mit Leben zu füllen.

Was zeichnet das SWW-Publikum besonders aus?

Es ist die Mischung von internen und externen Besucher: innen und die Begegnung mit Künstlerinnen und Künstlern, die den besonderen Reiz dieser Abende ausmacht. Menschen, die in unsere Einrichtung für blinde und sehbehinderte Menschen ohne (zunächst) persönliche Affinität kommen, unterscheiden sich vielleicht durch eine besondere Aufgeschlossenheit für Unbekanntes, ansonsten aber nicht wesentlich von gewöhnlichen Veranstaltungsgästen.

Haben die Beeinträchtigungen der SWW-Bewohner: innen Konsequenzen?

Im normalen Kulturangebot können Stimmengewirr großer Menschenansammlungen und fremde, in ihrer Struktur nicht leicht zu ermessende Räume zu einer starken Verunsicherung führen. Eine solche Reizüberflutung fördert dann eine Verweigerungshaltung und wird häufig von Vorbehalten und Ängsten begleitet. Daher erscheint die vertraute Umgebung in unserem Casino und im Sinnesgarten als reale Möglichkeit, diesen genusshemmenden Faktoren zu begegnen. Darüber hinaus wächst Bewohner:innen und Mitarbeitenden die positive Rolle als Gastgeber zu.

Entsteht eine besondere Atmosphäre?

Zu den angenehmen Begleitumständen der Begegnung trägt der kleine Imbiss bei, mit dem die SWW-Küche das Publikum in der Pause und nach den Darbietungen verwöhnt. Die Künstlerinnen und Künstler erleben bei unseren Bewohner:innen eine Art von Resonanz, die sehr viel unmittelbarer als gewohnt herüberkommt und den zündenden Funken leichter überspringen lässt. Der überschaubare Rahmen schafft intensive gemeinsame Erlebnisse: Menschen mit schwersten Behinderungen lauschen aufmerksam und irgendwie verändert den Tönen eines Konzerts. Gästen, Betreuern und Begleitern tut es gut, dies hautnah (so war es in der Vergangenheit!) mitzuerleben; sie staunen über die Konzentrations- und Begeisterungsfähigkeit dieses Teils des Publikums und geraten leicht in eine euphorische Stimmung.

Wie groß ist die Bandbreite des Dargebotenen?

Recht groß; das zeigt die folgende Aufstellung. Sie umfasst klassische, Folk-/Volksmusik, Literatur, Puppenspiel, Theater, Musical, Kabarett, Kleinkunst und Ausstellungen (Fotos, Gedichte, Klangkörper, Spielfiguren und Präsentationen, u. a. im Bayerischen Landtag). Feste Formate waren Starkbierfest/Maibock, Open Air, Herbstfest, Hoagascht und Weihnachtsansingen. Unsere vielleicht aufwändigste Produktion der Grattleroper. Die beiden letzten Projekte waren auch bei auswärtigen Auftritten erfolgreich. Mehrere CDs entstanden in unserem Haus oder mit unserer Unterstützung sowie Publikationen unseres Clubs der blinden Dichter in Verbindung mit unserem Malkurs. Das SWW-Ensemble Die Blindgänger trat mit eigenen Inszenierungen im In- und Ausland auf. Unser Kammerchor beteiligte sich an der Gestaltung von Gottesdiensten für Menschen mit und ohne Behinderung. Es gab Benefizveranstaltungen wie die im Burda-Saal der Israelitischen Kultusgemeinde.

In der Liste nicht aufgeführt sind die zahlreichen Veranstaltungen, die nicht extern beworben wurden: An erster Stelle danken wir Live Music Now für die Ausrichtung vieler Konzerte mit jungen vielversprechenden Künstlerinnen und Künstlern. Betriebs- und Weihnachtsfeiern boten ebenfalls ein künstlerisches Programm. 2005 gestalteten wir mit europäischen Partnern eine Kreativwoche. Zuletzt halfen Gartenkonzerte für unsere Bewohner:innen in der schwierigen Corona-Zeit. Sie hat unser Kulturprogramm zur Strecke gebracht und wir hoffen, dass es bald wieder startet!