
Mittwoch, 5. Dezember 2018, 19.00 (!) Uhr, Eintritt: 18/12 Euro
Hoagascht
Nekropolis
Die tröstliche Vorstellung, dass die Verstorbenen eine andere Existenz weiterführen, ist ein verbreiteter Glaube bei allen Völkern. Bereits die alten Ägypter versorgten ihre Toten mit nützlichem Gepäck wie Jenseits-Reiseführern und vergaßen auch nicht, genügend Proviant mitzugeben. Von der Vorstellung der Grabstätte als Wohnung ist es nicht mehr weit zur Idee der Totenstadt, der Nekropole, auch dies ein bereits antiker Gedanke.
Wohnung, Haus & Stadt für Tote
Diese Assoziationskette lässt sich besonders gut in den romanischen Ländern nachvollziehen, wie es der Architekturkritiker Manfred Sack getan hat: „Das Terrain einer solchen Toten-Siedling ist durchzogen von Pfaden und Wegen, von schmalen Straßen, aber auch von Boulevards (die nicht selten die der Lebenden-Städte nur fortsetzen) und von pompös belaubten Alleen. Auch für Tote ist es offensichtlich nicht möglich, ohne Infrastruktur zu existieren.“
Die Übertragung dieser Idee in Literatur mit Niveau und Witz leistet ein grandioses Paradestück von Frédéric Boutet (1874-1941). Hier trifft der Vicomte Adhémar de Léonce, den es nachts an das Grab seiner Geliebten zieht, auf den Baron La Rose, einen Bewohner des Friedhofs. Dieser Cicerone führt den jungen Mann durch die Totenstadt mit ihren vornehmen und verrufenen Vierteln. Wir machen u. a. Bekanntschaft mit offener Prostitution, Proleten sowie einem Judenmarkt.
Abbild der Gesellschaft
Sitte und Brauch regeln auch den Verwesungsprozess. Die heterogene Bevölkerung der Nekropole wird treffend charakterisiert – und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind durchaus beabsichtigt! Wir begegnen dem bekanntesten Don Juan des Friedhofs, einem ehemaligen Scheintoten und nehmen an der Abendgesellschaft einer Gräfin teil. Dort nimmt die begonnene Liebesgeschichte Fahrt auf – der überraschende Ausgang wird aber nicht verraten!
Beate Himmelstoß
geboren 1957 in Starnberg und von Kindheit an mit der bairischen Sprache vertraut. Das Spielen und Rezitieren hat sie bei Jürgen Goslar und Lore Büttner gelernt. Seit 1986 Sprecherin beim Bayerischen Rundfunk. Bereits mehrfach Gast in unserem Hause: Galgenlieder von Christian Morgenstern, Georg Queri (Hoagascht 2006), die „verklingelklangelten“ Sprachschöpfungen von Felix Hoerburger (Hoagascht 2009) und Poetischer Abend.
Die Musiker
Johanna Höbel und Komalé Akakpo begannen 2005 gemeinsam ihr Studium am damaligen Richard-Strauss-Konservatorium in München. Von 2007 bis 2017 waren beide Stipendiaten von Live Music Now. Dieser Verein gewann 1992 Yehudi Menuhin als Schirmherrn und Namensgeber; er fördert junge und besonders begabte Künstler und bringt deren Musik live zu Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände nicht in Konzerte gehen können. Höbel und Akakpo zählen zu den langjährigsten Künstlern dieser Organisation und begeistern das Publikum mit ihrer Wandlungsfähigkeit: Das Repertoire des Duos reicht von bayerischer Volksmusik über internationale Folklore und Klassik bis zu alten Schlagern, dargeboten mit Hackbrett, Gitarre und Stimmen. Sie musizierten bereits auf unserem Hoagascht im Jahr 2011.
Text: Thomas Schwarz. Fotos: Rainer Köfferlein, Egbert Kraus, Thomas Schwarz
Veranstaltungs-Fotos von Rainer Köfferlein
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